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Bessere Verkehrsplanung – mehr Umweltschutz

11.08.20205 Minuten4

Anhand anonymisierter Einwohnermeldedaten sollen künftig Länder und Kommunen ihre Verkehrsinfrastruktur-Planung optimieren. Dazu wurde das ehrgeizige Projekt AktMel gestartet, an dem sich die AKDB beteiligt. Wir haben mit dem Projektverantwortlichen und -initiator Prof. Dr. Richard Göbel vom Institut für Informationssysteme (iisys) an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hof gesprochen. Das Projekt und die Zwischenergebnisse werden auf dem 4. AKDB Kommunalforum » Digital 2020 vorgestellt.

Herr Professor Göbel, wie entstand die Idee zum Projekt AktMel?

Das Projekt hat sich aus einem anderem Forschungsprojekt abgeleitet: Mobilität digital Hochfranken - MobiDig. In diesem Projekt versuchen wir die Nachfrage nach Transportbedarf in ländlichen Regionen vorherzusagen. Wenn wir das wissen, dann können wir den öffentlichen Personennahverkehr optimieren.

Wie sähe denn ein künftiges Nutzungsszenario aus?

Im Projekt ist der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge involviert. Er möchte erfahren, wo Schüler wohnen, um dann den öffentlichen Personennahverkehr entsprechend ausbauen zu können. Wo soll etwa eine Bushaltestelle platziert werden? Wo muss eine Busstrecke verlaufen? Diese Informationen sind auch wichtig für Zukunftsprognosen: Wo werden in zwei Jahren schulpflichtige Kinder wohnen? Ebenso wichtig sind diese Daten für die Planung von Sozialangeboten für Senioren. Das zeigt sich besonders in Corona-Zeiten. Um diese Daten zu erhalten, müssen wir geographische Informationen mit Einwohnerdaten koppeln.

Wie haben Sie das bewerkstelligt?

Wir überziehen die untersuchte Region mit einem Raster. Dabei könnten die Rasterzellen 100 Mal 100 Meter groß sein. Wie viele Schüler wohnen in einer Rasterzelle? Wie viele Berufstätige, wie viele Auszubildende, wie viele Pensionäre? Daraus können wir dann eine Bedarfsprognose ableiten. An diese Einwohnermeldedaten heranzukommen, ist schwierig. Und hier kam die AKDB ins Spiel. Die AKDB hat jahrzehntelange Erfahrungen mit der Speicherung und Auswertung zentraler Einwohnerdatenbestände. Und war somit der ideale Partner. Auch im Hinblick auf einen eventuellen Vertrieb eines realen Produkts.

Kann so eine Lösung auch zum Klimaschutz beitragen?

Definitiv! Im ländlichen Raum hat in einer Familie oft jedes einzelne Mitglied ein Auto. Das ist ökologisch gesehen ein Missstand. Und teuer. Wenn wir aber genau vorhersehen können, wann welche Personen welchen Mobilitätsbedarf auf welcher Strecke haben werden, dann können wir entsprechend planen, etwa die Fahrten-Taktung erhöhen oder bedarfsgesteuerte Fahrten durchführen.

Welche Kennzahlen werden Sie nutzen, um Ihr Ziel zu erreichen?

Wir brauchen erst einmal die Adresse, aber natürlich abstrahiert, nur die Position der Rasterzelle ist maßgeblich. Dann brauchen wir natürlich das Alter der Person, die in dieser Zelle wohnt. Wichtig ist allerdings, dass eine Person nicht identifizierbar ist. Die Daten müssen anonymisiert sein.

Welche Schwierigkeiten präsentiert dieses Projekt?

Wir müssen garantieren, dass man aus den abgefragten Daten keine Rückschlüsse auf einzelne Personen ziehen kann. Wir bauen beim Programmieren der Software eine Art Filtermodul ein, das die Ergebnisse bezüglich einiger Vorgaben überprüft. So könnte eine Vorgabe lauten: Wenn in einer Rasterzelle nur maximal zwei Personen als Ergebnis herauskommen, dann darf dieses Ergebnis nicht angezeigt werden. Man könnte sonst Rückschlüsse auf die reale Person ziehen. Diese Bedingungen müssen auch für Juristen überprüfbar sein. Das Besondere dabei: Wir haben diese „Bedingungen“ nicht irgendwo im Programmcode versteckt, sondern außerhalb des Systems, in einer Systemkomponente, die von den anderen getrennt ist, also leicht identifizierbar ist. Man kann auf diese Weise die Bedingungen flexibel ändern, weil sie den Programmcode nicht antasten. Aber es gibt weitere Herausforderungen beim Projekt: In Datenbanken schlummern oft ungenaue Daten. Etwa Adressen wie: „In der Nähe von“. Auch gibt es Gebäude unter verschiedenen Adressen. Welche nimmt man dann? Daran arbeiten wir.

Mehr zum Projekt AktMel erfahren Sie auf dem 4. AKDB Kommunalforum » Digital 2020.

Prof. Dr. Richard Göbel promovierte 1988 an der Universität Kaiserlautern im Bereich der künstlichen Intelligenz. Von 1989 bis 1997 arbeitete er beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und war verantwortlich für verschiedene Projekte im Bereich der Informationssysteme. Seit 1997 ist Richard Göbel Professor für Multimediale Informationssysteme an der Hochschule Hof. Hier war er von 2010 bis 2017 wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Informationssysteme.


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