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Zukunftskongress365-digital: Wie funktioniert das Einer-für-Alle-Prinzip in der Praxis?

OZG-Umsetzung: So geht föderale Zusammenarbeit!

16.09.20215 Minuten17
E-GovernmentVeranstaltungen

Die OZG-Umsetzung und konkrete Best Practices auf dem Weg dorthin – das waren zentrale Themen auf dem Zukunftskongress365-digital-Webinar, das am 8. September mit über 400 registrierten Teilnehmern aus Bund, Ländern und Kommunen stattfand. Zusammen mit dem AKDB-Vorstandsvorsitzenden Rudolf Schleyer diskutierten: der Bundes-CIO Dr. Markus Richter, die bayerische Digitalministerin Judith Gerlach, Dr. Philipp Richter und Dr. Markus Grünewald vom Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg und Kommunalvertreterinnen aus Bayern und Brandenburg.

Kann föderale Zusammenarbeit funktionieren? Werden wir das Onlinezugangsgesetz Ende 2022 flächendeckend umgesetzt haben? Was ist gut gelaufen, wo muss noch nachjustiert werden? Wie gelingt der Endspurt dorthin und welche konkreten Schritte sind einige Länder bereits gegangen, um das gesetzte Ziel zu erreichen? Viele Fragen, zu denen Wegweiser Media&Conferences Top-Experten aus Politik, Entwicklergemeinschaft und der kommunalen Praxis eingeladen hat.

Standards, Schnittstellen und ein Ökosystem der Entwickler

Der Bundes-CIO Dr. Markus Richter misst den Erfolg nicht in der schieren Anzahl von umgesetzten Onlinediensten – 575 sollen es bis Ende 2022 sein -, sondern daran, wie diese E-Government-Dienste in die 11.400 deutschen Kommunen kommen. Eine Übersicht, in welchen Landkreisen welche Onlinedienste schon im Einsatz sind, bietet zum Beispiel das OZG-Dashboard auf der Website des Innenministeriums. Er lobte die Kooperation zwischen Bund und Bundesländern. Letztere seien heute nicht nur im regen Austausch mit den Kommunen, sondern auch im Austausch untereinander. Er sprach sich für ein Digitalisierungs-Beschleunigungsgesetz in der nächsten Legislaturperiode aus, in dem Cloud-Computing und digitale Standards vorangetrieben werden. „Jetzt sind wir in einer Phase, in der wir viele digitale Lösungen bauen. Wir werden danach eine starke Phase der Harmonisierung haben. Und dann werden wir darüber reden müssen, an welcher Stelle welche Aufgabe wahrgenommen wird.“ Ein klares Bekenntnis zur Einer-für-Alle-Strategie also, bei der arbeitsteilig vorgegangen wird: Ein IT-Dienstleister eines Landes entwickelt jeweils einen oder mehrere Online-Dienste, betreibt sie und stellt sie anderen zur Nachnutzung zur Verfügung. Das geschieht nach gewissen Standards, sodass die Onlinedienste in jedem beliebigen Länder- bzw. Verwaltungsportal- eingebettet und nachnutzbar sind.

Genau nach diesem EfA-Prinzip hat die AKDB bereits im Dezember 2020 den Verwaltungs-Onlinedienst „Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit“ für das Land Brandenburg entwickelt. Seit kurzem hat die AKDB dem Land Brandenburg einen weiteren EfA-Onlinedienst zur Verfügung gestellt: EU- und EWR-Bürger können ab sofort einen Online-Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung über das Daueraufenthaltsrecht (Daueraufenthaltsbescheinigung) stellen. 

Dort digitalisieren, wo Bürger Dienste am meisten nutzen

Für eine pragmatische Vorgehensweise plädierte auch Dr. Markus Grünewald vom Brandenburgischen Innenministerium, der ebenfalls von der Richtigkeit der EfA-Strategie überzeugt ist und der bemerkte, es gäbe schon eine viel stärkere Digitalisierung in Kommunen, als weithin sichtbar sei, da noch nicht alle Online-Dienste in den Länderportalen eingestellt wurden.

Die Sicht der Kommunen vertraten Brigitte Meier, Beigeordnete für Ordnung, Sicherheit, Soziales und Gesundheit der Landeshauptstadt Potsdam und die Dritte Bürgermeisterin der Stadt Kempten Erna-Kathrein Groll. Beide Verwaltungen setzen seit kurzem den von der AKDB für Brandenburg realisierte EfA-Onlinedienst „Antrag auf Aufenthaltstitel“ ein. Meier lobte den pragmatischen Ansatz und die schnelle Umsetzung. „Jetzt müssen wir im nächsten Schritt nachsteuern und weiterentwickeln.“

Nutzerkonto: eine „föderale“ Erfolgsgeschichte

Stolz zeigte sich Rudolf Schleyer, Vorstandsvorsitzender der AKDB, dass die BayernID, die Authentifizierungskomponente, die ursprünglich für den Zugang zu Leistungen bayerischer kommunalen Portale entwickelt wurde, erst in Hessen, dann als Nutzerkonto Bund beim Bund und neuerdings auch in Brandenburg eingesetzt wird. „Vor allem sind wir stolz, dass wir durch die Zusammenarbeit auf kommunaler und Bundesebene eine stetige Verbesserung der Nutzbarkeit erreicht haben.“ Der viel gescholtene Föderalismus habe in diesem Fall eher eine Erfolgsgeschichte hervorgebracht.

 

 

Mal fährt der eine vor, mal der andere - und die anderen profitieren vom Windschatten

Die bayerische Digitalministerin schlussfolgerte, dass man das Rad nicht immer neu erfinden müsse: Wenn ein Land bereits Lösungen wie ein Nutzerkonto oder Online-Dienste bereithalte, die von anderen Ländern übernommen werden können, dann sei das für alle ein Gewinn. „Wir müssen die Dinge teilen, um die Geschwindigkeit aufzunehmen, die wir bei der Digitalisierung brauchen.“ Auch lobte sie den Pragmatismus bei der Umsetzung des EfA-Dienstes. Das Ausschöpfen von Synergien, konkret die Arbeitsteilung, sei auch wirtschaftlich für alle von Vorteil. Ebenso wie gemeinsame Standards, die zum Beispiel eine perfekte Interoperabilität zwischen den Nutzerkonten der Bundesländer und untereinander und mit dem Bund garantiere.

Mehr Transparenz und mehr Kommunikation zum Bürger

Der schönste Onlinedienst, das beste, sicherste Nutzerkonto nutzen nichts, wenn Bürgerinnen und Bürger die Leistungen nicht annehmen oder kennen. „Dienstleistungen müssen immer an den Bedarfen orientiert sein“, so Erna-Kathrein Groll. „Wir sind jedenfalls dankbar als Stadt Kempten, dass es das Einer-für-Alle-Prinzip gibt, und dass wir uns ein wenig in den Windschatten stellen können. Wir hätten uns das als Kommune nicht leisten können.“ Die beiden Kommunalvertreterinnen beklagten allerdings, dass ihre Bürger zu wenig von den vielen Möglichkeiten der digitalen Leistungen wüssten. Der Onlinedienst „Antrag auf Aufenthaltstitel“ werde noch zu wenig genutzt. Brigitte Meier unterstrich außerdem, dass auch viel Überzeugungsarbeit bei den Mitarbeitenden in den Kommune geleistet werden müsse und dass die IT-Landschaft oft immer noch recht veraltet sei. „Früh beginnen und früh Kommunen einbinden“, lautete auch die Empfehlung von Dr. Philipp Richter, der seine Erfahrungen bei der Implementierung des von der AKDB entwickelten Onlinedienstes für die Ausländerbehörden reflektierte. Alle waren sich einig: Digitalisierung ist Gemeinschaftsarbeit, hat Erfolg, wenn sie pragmatisch angegangen wird, muss in Kommunen Chefsache sein und ist eine Daueraufgabe – weit über das Datum „Dezember 2022“ hinaus.


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