5 Fragen an ...

Herr Dr. Busch, Sie sind Uni-Dozent, Experte, Autor, Speaker und vieles mehr, also ein Multi-Tasker. Durch Smartphone, WhatsApp, Facebook usw. stehen wir ständig unter Strom: Was hat sich gegenüber früher geändert?
Richtig ist, dass die Welt in der wir leben immer lauter wird, sich immer schneller dreht und eine hohe Anspruchsleistung an uns stellt. Aktivität ist das Statussymbol unserer Zeit. Wer sich bewegt, viel macht, viel erlebt und viel kennt gilt heute als erfolgreich. Jeder hat heute unglaublich viel zu tun. Nicht immer ist hier die Arbeit schuld. Wir tragen selbst alle dazu bei. Wir sind Opfer, aber auch Verursacher. Vermutlich hat sich der Mensch selbst gar nicht so sehr verändert. Aber die soziokulturellen Einflüsse unserer modernen Leistungsgesellschaft auf die Art, wie wir unser Leben gestalten, sind heute andere.
Welche Folgen für Körper und Psyche hat das ständige Multitasking?
Es sind unsere überlangen To-Do-Listen, am Schreibtisch oder vor dem Fernseher, die uns dazu verführen, überall gleichzeitig zu sein, aber nirgends mehr richtig. Multitasking bedient unseren Wunsch nach Effizienz. Wissenschaftliche Untersuchungen, zeigen uns, dass die geistige Arbeitstiefe bei dem Versuch einer gleichzeitigen Aufgabenbewältigung deutlich flacher ist. Das ständige Umschalten zwischen Aufgaben kostet letztlich mehr Zeit und eine höhere Fehlerrate. Ein durchschnittlicher Angestellter in Deutschland verliert hierdurch heute ca. eine Stunde pro Arbeitstag an Produktivität.
Wie äußerst sich die Daueranspannung im Berufsalltag?
Multitasking, ständiger Aufmerksamkeitswechsel, Reizflut und hektisches Arbeiten steigern nachweislich den Stresslevel im Gehirn. Die Aktivierung verschiedener Alarmsysteme ist die Folge, was wir dann in Form von innerer Unruhe, Blutdruckerhöhung, muskulären Verspannungen oder Kopfschmerzen bemerken. Letztlich sinken irgendwann auch hochgeistige Leistungen, wie die Fähigkeit flexibel zu denken, uns in andere hineinzuversetzen oder die Kreativität. Alle Beschwerden zusammen senken unsere Motivation und können zu einem Gefühl von Erschöpfung und Kontrollverlust führen.
"Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Kopf", sagen Sie. Was sollen wir tun?
Dank unseres Gehirns können wir uns auf etwas fokussieren und ganz in einer Sache versinken, etwa beim Lesen, Unterhalten oder Rechnen. Die Tiefe, die für das ungestörte Bewältigen einer Aufgabe nötig ist, führt nicht nur zu einem besseren „Durchdringen“, sondern ist auch eine gesunde Form der geistigen Anspannung, die Stress reduziert. Wer seine Arbeit gut strukturiert ohne große Ablenkungen und Unterbrechungen, verbessert seine Leistung und steigert seine (Arbeits-)Zufriedenheit. Das kann man nicht den ganzen Tag durchhalten, aber mit etwas Selbstdisziplin kommt man schon weiter. Überhaupt ist es sinnvoll, seine Lebensweise hin und wieder zu reflektieren und pfleglich mit sich und seinem Gehirn umzugehen.
Was tun Sie persönlich, wenn Sie sich reizüberflutet fühlen?
Ich versuche meinen Fokus zu finden: Welcher Sache möchte ich jetzt meine ganze Aufmerksamkeit schenken? Worauf kann ich dagegen verzichten? So kommt Struktur in den Kopf und damit Ordnung, die Stress reduzieren hilft. Außerdem baue ich immer wieder Ruheinseln ein, die ich fest einplane und diszipliniert einhalte. Bei mir persönlich heißen diese Inseln: Wald, Berge, Bewegung sowie Versinken in anregende Literatur oder Filme. Auf diesen Inseln gibt es kein WLAN...