3 Fragen an ...

Herr Große Starmann, inwieweit werden Digitalisierung und demographischer Wandel die Ungleichgewichtung zwischen urbanem und ländlichem Raum verschärfen?
Der demografische Wandel beeinflusst die Entwicklung der Regionen in Deutschland stark. Prosperierende wachsende Städte und ihr ebenfalls wachsendes suburbanes Umland stehen spürbar schrumpfenden und alternden Regionen gegenüber. Ohne aktive Gestaltung der demographischen Veränderungen kommt es zu einer Verschärfung der Ungleichgewichtungen. Sie stehen vor allem dem grundgesetzlich verfassten Grundsatz gleichwertiger Lebensverhältnisse entgegen.
Die Digitalisierung ist ein zentraler Baustein, ländliche Räume vor dem Hintergrund struktureller Unterscheide einer positiveren Entwicklung zuzuführen. Digitalisierung ist im Hinblick auf die Zukunftsperspektiven der Regionen Deutschlands und der hier lebenden Menschen ein immer wichtigerer Baustein für Daseinsvorsorge und Wettbewerbsfähigkeit. Das gilt umso mehr für benachteiligte Regionen. Denn in der Digitalisierung liegt eine große Chance, strukturelle Nachteile der ländlicheren Räume abzufedern und so ein attraktiverer Lebensraum für die Menschen zu werden. So kann von den wachsenden Städten mit ihrem Umland Druck genommen werden.
Damit alle Menschen und alle Regionen am digitalen Fortschritt teilhaben können, muss Deutschland die sich aus der Digitalisierung ergebenden Veränderungen fokussiert gestalten und positiv nutzbar machen. Damit einher geht eine adäquate flächendeckende Ausstattung mit leistungsfähigem Breitbandinternet ebenso, wie die Vermittlung digitaler Kompetenzen. Unterbleiben im Bereich der Digitalisierung im ländlichen Raum die erforderlichen strukturellen Maßnahmen für digitale Teilhabe, dann führt die Digitalisierung neben dem demographischen Wandel zu einer Verschärfung der Ungleichgewichtung.
Was können Kommunen tun, um weitere Abwanderung gerade jüngerer Menschen zu verhindern?
Die Wanderung jüngerer Menschen ist vor allem durch sogenannte Bildungswanderung bedingt: Junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren wandern auf der Suche nach Bildungsangeboten (z. B. Universitäten), Berufsausbildung und Arbeitsplatzangeboten in städtische Regionen. Häufig betrifft Bildungsabwanderung somit ländliche Räume.
Es ist wenig realistisch, Bildungs-, Ausbildungs- und Arbeitsplatzangebote so stark in ländliche Räume zu verlagern, dass die Bildungsabwanderung abnehmen würde. Gleichwohl ist es wichtig, dass Kommunen zentrale Standortfaktoren so stärken, dass sie für zurückkehrende junge Menschen attraktiv sind. Zentral sind hier Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf (auch: Familie und Pflege), die Entwicklung von neuen Mobilitätsoptionen sowie eine möglichst hochwertige digitale Infrastruktur. Gerade letztere ist dann z.B. geeignet, um Mobilitätserfordernisse zu verringern und Arbeit im Home-Office oder in Co-Working-Spaces im ländlichen Raum zu ermöglichen.
Wie wird die Digitalisierung in Zukunft auch unsere Mobilität beeinflussen?
Digitale Technologien und Vernetzung ermöglichen und verbessern die Verbindung unterschiedlicher Räume und unter bestimmten Bedingungen auch die ökologisch nachhaltige Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen. So können in Zukunft digital organisierte Mobilitätsketten zur Verschmelzung von öffentlichem und individuellem Verkehr führen. In der Verknüpfung und digitalen Vernetzung von Personenverkehr und Logistikverkehr liegen ebenfalls große Potenziale, Mobilität und Logistik für alle Räume weiterzuentwickeln. Auch digitale Verkehrslösungen, autonom fahrende Fahrzeuge und Vermittlungsplattformen erweitern das.