3 Fragen an ...

"Unterschiede zwischen Stadt und Land verschwinden – dank Digitalisierung". Klimawandel, demografischer Wandel und Ressourcenknappheit benötigen Lösungen im Bereich Mobilität, Arbeit und medizinische Versorgung. Wir haben dazu Beatrix Drago gefragt. Die Diplomingenieurin und Architektin ist Sachgebietsleiterin in der Bayerischen Verwaltung für Ländliche Entwicklung und war Gastreferentin auf dem 3. AKDB Kommunalforum.

Frau Drago, wie leben und arbeiten die Menschen 2030 in den digitalisierten "Smart Cities"?

2030? Im digitalen Zeitalter, das uns eine sich immer schneller vollziehende Veränderung unserer Lebens- und Arbeitswelt gebracht hat, sind zwölf Jahre ein Zeitrahmen, der einigermaßen sichere Prognosen nur schwer möglich macht. Fakt ist jedoch, dass schon heute nicht nur in den Städten die digitalen Transformationen unsere Gesellschaft in allen Lebensbereichen verändern. Die Zahl der Internetnutzer ist in Deutschland mittlerweile auf über 80 Prozent gestiegen. "Being online" prägt unsere Wirtschafts- und Arbeitswelt, unser Einkaufs-, Mobilitäts-, Freizeit- und Kommunikationsverhalten. Das Arbeiten vom Homeoffice aus oder im Coworking Space, der alle wichtigen Büroinfrastruktureinrichtungen vorhält, die der "digitale Nomade" zum Arbeiten braucht, gehören zum Arbeitsleben bereits genauso wie die Mobilitäts-App, die umweltfreundlich multimodale Mobilität mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln ermöglicht. Der Sprung zum selbstfahrenden Auto ist nicht mehr weit.

Letztendlich wird es darauf ankommen, mit den digitalen Technologien intelligente Lösungen auf die zentralen Herausforderungen zu finden: Dazu gehören Klimawandel, demografischer Wandel, wirtschaftliche Fragen und Ressourcenknappheit. Dazu wird eine noch engere Vernetzung zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft notwendig sein. Dann können die Bewohner der Smart Cities Teil der technischen Infrastruktur ihrer Stadt werden und wie schon heute im nordspanischen Santander per GPS und Lichtsignalen zur nächsten Parkmöglichkeit gelenkt werden. Der Parkschein wird selbstverständlich mit einer App bezahlt oder verlängert.

Die Vermittlung der digitalen Kompetenzen in unseren Bildungseinrichtungen, die permanente lebenslange Weiterbildung für alle Generationen und Bevölkerungsschichten ist dabei Voraussetzung dafür, dass möglichst viele Bürger die technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Innovationen einer "Smart City" verantwortungsbewusst in Anspruch nehmen können.

Wie werden der ländliche Raum und seine Bewohner auf den digitalen Wandel vorbereitet?

Indem man beispielsweise vermittelt, dass der durch die Digitalisierung bewirkte tiefgreifende Strukturwandel neue Entwicklungsmöglichkeiten bietet: Standortnachteile und lange Wege werden ausgeglichen, Leben und Arbeiten auf dem Land wird dank Digitalisierung attraktiver. Ob Internethandel, neue Liefermodelle sowie Dienstleistungen im Medizin- oder Pflegebereich, die über Internetplattformen koordiniert werden – all dies verbessert die Versorgung ländlicher Räume verbessern und leistet einen Beitrag zum Ziel gleichwertiger Lebensbedingungen in Stadt und Land. Die digitale Infrastruktur ist Voraussetzung für Partizipation, Kommunikation und Logistik. Somit wird die optimale Nutzung der Digitalisierung künftig zum entscheidenden Faktor im Standortwettbewerb ländlicher Regionen um Unternehmen und Einwohner. Voraussetzung dafür, dass es nicht zu einer "digitalen Spaltung" zwischen Land und Stadt kommt, ist der flächendeckende Glasfaserausbau. Auch Projektarbeit im Rahmen von Städtebauförderung und Dorferneuerungs- bzw. integrierten ländlichen Entwicklungsprozessen trägt dazu bei, wie zum Beispiel das Projekt "Landmobile".

Welche sind die Voraussetzungen, damit das Leben auf dem Land wieder attraktiver wird?

Es gibt viele Gründe, die zur Landflucht mit allen sich daran knüpfenden negativen Entwicklungen führen. Fehlende bedarfsgerechte Angebote in den Bereichen Arbeit, Bildung, Wohnen, Nahversorgung, medizinische Versorgung und Kultur seien hier nur beispielhaft genannt. Auch ein schlecht ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz erlaubt Mobilität auf dem Land nur mit dem eigenen PKW. Die Förderung gleichwertiger Lebens- und Arbeitsverhältnisse in ganz Bayern ist deshalb zum Staatsziel erhoben.

Es lohnt sich auch ein Blick über die Grenzen hinaus: In der Landgemeinde Moosburg in Kärnten hat die Schaffung eines "Coworking Space" im ehemals leerstehenden Gasthaus im Ortskern zur Etablierung einer kleinen Kreativwirtschaftsszene geführt, die viele positive Impulse gesetzt hat. Das Leben auf dem Land wird für junge, gut ausgebildete Menschen wieder attraktiv, immer mehr kommen zurück. Auch die Bewerbungen im bayerischen Wettbewerb zum digitalen Modelldorf zeigen vielversprechende Ansätze, die dazu beitragen, die oben genannten Defizite zu beheben und eine Trendumkehr in die Wege zu leiten. Vom ganzheitlichen, interdisziplinär vernetzten Medizin- und Pflegenetzwerk mit digitalem Pflegelotsen über internetbasierte Lern- und Bildungsangebote bis hin zur Schaffung von Wohnungen, die ein möglichst langes selbstbestimmtes Wohnen in den eigenen vier Wänden durch "Assistive Technologie" ermöglichen.